A R D S
Adult Respiratory Distress Syndrom
(Atemnotsyndrom des Erwachsenen)
Bestandteile des vollentwickelten
ARDS:
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Endotheliale Wandschädigung mit
fehlender Elastizität, Atelektaseneigung mit pulmonalem Shunting,
Diffusionsstörung vor allem für Sauerstoff.
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Aktivierte Gerinnung und pulmonal kapilläre
und arterielle Verschlüsse mit sich daraus ergebender pulmonaler Hypertonie,
Rechtsherzbelastung und Cardiomegalie.
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Eine Reihe von Symptomen der respiratorischen
Insuffizienz, falls diese vorerst fehlgedeutet und unbehandelt werden.
Ätiologie des ARDS:
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Endothelzerstörung durch Salzsäure
im Magensaft (Mendelson's Syndrom), Chlorwasseraspiration (Beinahe-Ertrinkung),
Rauchver-giftungen.
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Selten: Stumpfe Lungenkontusion (lokalisiert,
ARDS-ähnlich).
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Protrahierter Schock jeder Genese,
vor allem lang anhaltender hypovolämischer Schock.
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Sepsis, so lange der septische Prozeß
noch streut.
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Gerinnungsaktivierung (Bedeutung noch
unklar).
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Massiv stumpfe Gewebetrauma (oft mehrere
der o.g. Faktoren. Mit der früher so oft, heute selten diagnostizierten
"Fettembolie" besteht zweifelsohne eine Überlappung.
Iatrogene Komponenten:
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Surfactantdestruktion durch Sauerstoff-Toxizität.
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Barotrauma durch konventionelle Beatmung.
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Hemmung der Immunrespons durch verschienene
Medikamente.
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Schwierig: Fehlende Volumengabe, bzw.
Überwässerung.
Therapeutische Aspekte:
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Respiratorische Therapie, aber so wenig
Druck & FiO2
wie möglich, z.B. durch BIPAP oder intermittierende
High-Frequency Ventilation (HFV).
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Surfactantstimulation druch Ambroxol
(Mucosolvan) 1-3 g/die.
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Sanierung septischer Prozesse.
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Maßnahmen zur reduzierten Sedation,
Verzicht auf Morphin (kontrovers).
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Lagerungen (Bauchlagerung, "Schaukelbett").
Prognose des ARDS:
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Möglichst frühzeitige Wiederherstellung
physiologischer Normen (hierzu zählt vor Allem die Volumenrestitution
beim Schock).
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Schnellsmöglichste Sanierung septischer
Prozesse.
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PEEP-Beatmung und Mucosolvangabe in
den Frühstadien, wahrscheinlich wirkt hier auch hochdosierte Steroide.
Das Gefühl, daß wir
mit der Weiterentwicklung (weniger mit dem Anfang) von ARDS teilweise mit
einem iatrogenen Prozeß zu tun haben, ergibt uns eine besondere Verantwortung
für dieses Krankheitsbild. Leider sind die prognostischen und therapeutischen
Maßnahmen zum Teil widersprüchlich:
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Die ausreichende Volumengabe und, bei
Bedarf, Auffüllung eines dritten Raumes stehen scheinbar in Widerspruch
zu der Forderung nach Volumenrestriktion in der Ödemtherapie. Jedenfalls
besteht zwischen Früh- und Spätphase eine therapeutische Unterschied.
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Um die Beatmungstherapie zu ermöglichen,
wird es nötig mit einer erheblichen Sedation. Sedativa und Analgetika
in hoher Dosis wirken aber ungünstig auf die Infektabwehr (widersprüchlich
in der Literatur!) und auf die Bildung neuer Infektquellen (z. B. "Intensivgalle").
Ich kann meine eigene Meinung zu einem bestimmten Punkt diesbezüglich
nicht verheimlichen, mache jedoch im Voraus darauf aufmerksam, daß
die Mehrheit der Intensivmediziner anderer Meinung sind:
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Die nasale Intubation führt nach
wenigen Tagen zu einer Verschattung der Nebenhöhlen, ein Zufallsergebnis
der CT-Diagnostik von SHT-Patienten. Aus diesem Grund wird vielerorts die
nasale Intubation verpönt und die orale Intubation bevorzugt. Ich
habe dagegen folgende Einwände:
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Wir haben früher die nasale Langzeitintubation
praktiziert und wurden nur selten gezwungen, wegen einer klinischen Sinusitis
auf die Tracheotomie frühzeitig umzusteigen. Die nasale Verschattung
ist nicht gleichbedeutend mit der Sinusitis (dafür gibt es mittlerweile
auch Belege in der Literatur), und die Erleichterung, in dem septischen
Bild der Beatmungspatienten endlich eine Fieberquelle gefunden zu haben,
ist eine Selbsttäuchung größeren Ausmaßes (Modephänomen).
Dafür führt die orale "langzeitintubation" zu anderen infektiösen
Problemen, z.B. Parotitis, die u.A. durch die erschwerte Mundpflege hervorgerufen
wird. Vor allem führt sie zu einem stark angestiegenen Sedationsbedarf
(Folgen: siehe oben) und zur Frühtracheotomie. Die Tracheotomie ist
in Bezug auf die Pneumonieneigung noch viel schlimmer als die endotracheale
Intubation. Endlich wurden die erheblichen und von uns immer wieder erlebten
Tracheotomiekomplikationen unter den Tisch geschoben. Aus diesem Anlaß
soll weiterhin die nasale Intubation, auch für kurze Nachbeatmungen,
hier praktisiert werden. Die begleitende Sedation soll dementsprechend
auch sehr gering gehalten werden. Dies alles ermöglicht einen frühzeitigen
Umstieg auf augmentierende Beatmungsformen, vor Allem das BIPAP.