Neue (1995) Hinweise für die cardiopulmonale
Reanimation mit ACD
Mit dem Reanimationsgerät Cardio-Pump
kann man die Effizienz der cardiopulmonalen Reanimation (CPR) wesentlich
verbessern. Um dies optimal auszunützen, muß man allerdings
von den 1992 erschienenen Richtlinien (und damit von den Empfehlungen des
Herstellers) abrücken. Diese Richtlinien haben offensichtlich eine
so lähmende Wirkung auf das Denkvermögen, daß auch die
Herstellerfirma sich nicht getraut hat, meine Bemühungen in anderer
Richtung zu unterstützen. Die neue Technik nennt sich "Alternative
Compression-Decompression" (ACD). Das entscheidend Neue an ACD-CPR
ist, daß nicht nur komprimiert, sondern zwischendurch auch dekomprimiert
wird. Diese Dekompressionsphase führt dazu, daß 1) mehr Blut
vor der nächsten Kompression ins Herz eingesaugt wird, und diese Kompression
dann effektiver wird, jedenfalls zerebral, myocardial und renal; 2) Der
zentrale Venendruck entschieden gesenkt wird, und dadurch vor allem der
zerebrale Rückfluß von Blut gesteigert wird; 3) das Myokard
ganz anders für die medikamentöse Reanimationsmaßnahmen
zugänglich wird; und 4) eine nicht unerhebliche Beatmung stattfindet.
Um diese Änderungen optimal auszunützen bedarf es nach unseren
Erfahrungen in der prähospitalen Notfallmedizin folgender Änderungen
in der CPR:
-
Die Kompressionsfrequenz muß
von den empfohlenen 80/min auf 40-60/min reduziert werden. Hierdurch optimiert
sich der Auswurf, weil nur mit einer entsprechend lange Dekompression das
Einsaugen von Blut nach zentral stattfinden kann.
-
Um die Dekompression nicht zu kompromittieren,
sollte auch die Beatmungsfrequenz auf 4-6/min gedrosselt werden und die
Beatmung (nach Intubation) gleichzeitig mit einer Kompression gegeben werden
- vorausgesetzt hierbei werden ausreichende Sauerstoff-sättigungswerte
erzielt.
-
Mit ACD-CPR kann eigentlich immer eine
Sauerstoffsättigung mit eindeutigem Kurven-verlauf gesehen werden.
Ich habe den Eindruck gewonnen daß, falls es nicht innerhalb 10 Minuten
gelingt, den Patienten auf mindestens 88% Sat-O2 zu bringen, die weitere
Bemühungen auch nichts bringen werden. Das Material ist natürlich
viel zu klein, um die prognostische Bedeutung hier zu beurteilen, dafür
bitte ich um Nachricht, falls das Gegenteil auftreten sollte.
-
Wir haben die medikamentöse CPR
unter ACD-CPR völlig umgestellt. Das Atropin gibt es schon lange nicht
mehr, aber auch mit Adrenalin (Suprarenin) sind wir sehr sparsam geworden.
Statt dessen verwenden wir viel eher den kurzwirkenden Betablocker Esmolol
bei rezidivierendem Kammerflimmern und hier stellt sich die Frage, ob Lidocain
für diese Indikation überhaupt noch einen Platz hat.
-
Das Problem bei der ACD-CPR ist, daß
diese "zu gut" wirkt. Es ist sicher möglich, weit mehr Patienten cardial
zu reanimieren als dies vorher der Fall war. Dafür werden wir aber
nicht belohnt: Eher sind hier bereits zerebrale Schäden zu erwarten,
als daß die günstigere zerebrale Einwirkung während der
ACD-CPR sich bemerkbar macht. Aus diesem Grund haben wir gelernt, uns relativ
schnell für den Sinn einer fortgesetzten CPR zu entscheiden. Es ist
aber auch möglich, daß das ACD-CPR insgesamt eine längere
Anoxiezeit erlaubt.
Seit dem Herbst 1992 verwenden
wir die ACD-CPR in der Notfallmedizin. In den ersten 2 Jahren konnten 10
Patienten nach prähospitalem Herzstillstand entlassen werden, gegenüber
zu erwarten hier 2-3 Patienten. Diese Statistik ist in unserem kleinen
Gebiet vermutlich nicht signifikant. Wer aber den klinischen Wert von ACD-CPR
selbst gesehen hat, der braucht nicht auf die umständliche und immer
widersprochenen "Überlebensstudien" zu warten.