Periduraler  Bloodpatch


Zurück zur Anästhesie-Index


Back to homepage-index


Zur Therapie der lagerungsabhängigen Punktionsschmerzen (PPH = postdural puncture headache) bietet sich die peridurale Blutplombe (EBP = epidural bloodpatch) an. Unbehandelt dauern die Beschwerden nach der Spinalanästhesie in der Regel 5-7 für den Patienten unvergessliche Tage an, kann natürlich auch viel mehr werden. Wird beim Versuch eine Periduralanästhesie zu setzen versehentlich die Dura punktiert (was wohl bei jedem Facharzt für Anästhesie aufgetreten sein dürfte, ob er jetzt darüber redet oder nicht) sind die PPH häufiger, schwerer und länger andauernd. Dies aber ist nun geradezu ein Grund, jetzt einen Periduralkatheter zu legen: Mit einer postoperativen Analgesie durch ein reichhaltiges Volumen (oder prophylaktische peridurale Dextrangabe nach der Geburt) lassen sich die Probleme oft vermeiden.

Technik der EBP:

Zu Beginn wird, noch im Rückenlage, ein großlumiger Venenzugang in die Ellenbeuge gelegt. Besteht bereits einen Zugang muß, wie auch beim neu gelegten, die Möglichkeit der Blutaspiration geprüft werden.

Es erfolgt die gewöhnliche Punktion nach Lokalanästhesie (siehe alternative Periduralanästhesie) und mit der „loss-of-resistance Methode“ mittels Kochsalzlösung wird der Periduralraum identifiziert. Jetzt zieht ein Helfer in eine 20 ml Spritze Blut auf. Diese wird dem "stechenden" Anästhesisten angereicht, obwohl sie außen nicht mehr steril ist, und sehr langsam durch die Periduralnadel gespritzt. Es kann zu ziehenden Schmerzen kommen, die aber verschwinden sobald eine Injektionspause eingelegt wird. Wenn die beabsichtigte Menge (15-20 ml) gegeben wurde, wird die Nadel herausgezogen und der Patient gleich seitlich hingelegt (Pflaster kann dann angeklebt werden). Nach drei Minuten fragt man vorsichtig ob sich etwas geändert hat - aber meistens sagt der Patient eben dies bereits vorher spontan.

Wirkung der EBP:

Der PPH wird vermutlich durch ein sich nur langsam schließendes Loch in der Dura aufgrund der Spinalanästhesie ausgelöst (oder, mit fast sicherer Folge, eine versehentliche Perforation der Periduralnadel oder des -Katheters). Dies führt zum Verschwinden der "Hydraulikflüssigkeit," die das Gehirn nach oben stützt, wenn der Patient sich aufsetzt. Diese Theorie erklärt die eindeutig lagerungsabhängig auftretenden Schmerzen. Durch die EBP wird einerseits ein positiver Druck im Periduralraum erzielt, und andererseits eine "Plombe" durch das koagulierende Blut gelegt, was beides den Liquorfluß stoppt. Die in etwa genau so wirksame "Dextranpatch" bei den Zeugen Jehovas läßt jedoch erahnen, daß die vorübergehende Umkehr der Druckverhältnisse vielleicht doch wichtiger ist als die eben erwähnte Plombe. Noch während des Spritzens oder spätestens 3 Minuten danach spürt der Patient eine deutliche Besserung der Symptome, die dann in der Regel innerhalb 2-4 Stunden praktisch verschwunden sind. Eine zweite EBP kann ganz selten am nächsten Tag notwendig werden, wobei dies zuerst eine genaue Prüfung der Indikation erfordert: Hat die erste EBP keine Erleichterung gebracht, dürften weitere auch nicht den gewünschten Erfolg bringen (vorausgesetzt die Injektion war damals wirklich im Periduralraum). Im Normalfall führt die EBP zu einem sehr zufriedene Patienten; einer davon sagte mir: "Wenn es so etwas gibt, lasse ich mir gerne morgen eine weitere Spinalanästhesie machen" (zum Glück gab es dann keine neue PPH).

Komplikationen der EBP:

Es wird von einigen Anästhesisten aufgeführt, daß die EBP Verklebungen im Periduralraum verursachen könnte, die einer späteren Periduralanästhesie im Wege stehen würde. Ohne bestreiten zu wollen, daß es so etwas geben könnte (die Literaturangaben dazu sind widersprüchig), ist diese Argumentation nicht valide, denn ein Patient, der bereits einmal unbehandelt eine schwere PPH hatte, läßt sich keine weitere Regionalanästhesie machen.

Eine Bakteriämie schließt die Injektion von Eigenblut aus. Aus diesem oder aus religiöse Gründen können eine Injektion von 6% hochmolekularem Dextran vorgezogen werden. Erfahrungsgemäß ist es ebenfalls wirksam, aber ob es gleichwärtig ist, kann ich nicht belegen. Eine inzwischen erlittene, möglicherweise iatrogene Gerinnungsstörung (z. B. Aspirin gegen den Kopfschmerzen) schließt die peridurale Punktion leider ganz aus.

Die Komplikationsmöglichkeiten der Punktion sind sicherlich ähnlich denen der Periduralanästhesie, vor allem die unbeabsichtigte Duraperforation, die alles schlimmer machen könnte. Dies ist natürlich vor allem eine Gefahr bei "ungeübten Händen" (obwohl niemand es ganz umgehen kann, seltenerweise mit der Periduralnadel zu perforieren). Aus diesem Grund, und weil eine Anästhesiekomplikation wie die PPH bestmöglichst versorgt gehört, sollte die EBP von einem erfahrenen Kollegen durchgeführt werden.

Mit alternativen Verfahren (systemische Analgetika, Flüssigkeitszufuhr, Ergotaminpräparate und alpha-mimetika) überbrückt man zwar die Zeit bis die Symptome von alleine nachlassen, dem Patienten aber tut man mit den täglich wechselnden Therapien kein Gefallen.

Zusammenfassung:

Die EBP ist relativ einfach durchzuführen, hat bei entsprechender Indikation (klare lagerungsabhängige PPH) eine hohe Erfolgsrate, und es sind sehr zufriedene Patienten, da sie mit einem Schlag ihre Probleme los wurden. Wenn ich auch mit dieser Meinung ziemlich alleine stehe, möchte ich behaupten, daß man keine Spinalanästhesie wagen sollte, wenn man nicht bereit ist, den Patienten bei einer PPH in dem Genuß einer vom Facharzt verabreichten EBP kommen zu lassen.

Eigene Erfahrungen:

Eine kleine retrospektive Studie über 2,5 Jahren erbrachte 16 Patienten, wovon 2 einen Dextranpatch und einer einen zweiten (dann effektiven) EBP bekamen. Ich schätze daß ich in meiner Lörracher Zeit etwa 80 EBP und 4 "Dextranpatch" durchgeführt habe. Nur einer davon brachte keinen Erfolg (fragwürdige Indikation?), ein direkter Schaden war bei keinem erkennbar. Bei allen anderen erfolgte eine Besserung innerhalb von 3 Minuten und die Kopfschmerzen waren ganz oder praktisch innerhalb 2-4 Stunden verschwunden, abgesehen von 2 Patienten die einen zweiten EBP 2 bzw. 3 Tage später erhielten.

Es ist möglich, daß eine gewisse Liquorfistel viel öfter existiert als das eine PPH festgestellt wird. Auch das Volumen des injizierten Lokalanästhetikums kann eine Rolle spielen (ich habe den Eindruck, daß 4 ml Bupivacain 0,5 in dieser Hinsicht besser toleriert werden als 2 ml Meaverin 4%). Wichtig ist auch, daß nicht jeder postspinal auftretende Kopfschmerz unbedingt eine PPH darstellt, sowohl häufigere als seltenere Ursachen kommen dabei vor.

Zurück zur Anästhesie-Index


Back to homepage-index

Literatur

Vercauteren MP, Hoffmann VH, Mertens E, Sermeus L, Adriaensen HA. Seven-year review of requests for epidural blood patches for headache after dural puncture: referral patterns and the effectiveness of blood patches. Eur J Anaesth 1999;16:298-303.

Stride PC, Cooper GM. Dural taps revisited. A 20-year survey from Birmingham Maternity Hospital. Anaesthesia 1993;48:247-55.

Abouleish EI, Rashid S. Successful epidural blood patch 2 years after post-lumbar puncture headaches. Am J Emerg Med 1995;13:683-4.

Wang LP, Schmidt JF. Central nervous side effects after lumbar puncture. A review of the possible pathogenesis of the syndrome of postdural puncture headache and associated symptoms. Danish Medical Bulletin 1997;44:79-81.

Djurhuus H, Rasmussen M, Jensen EH. Epidural blood patch illustrated by CT-epidurography. Acta Anaesthesiol Scand 1995;39:613-7

Beards SC, Jackson A, Griffiths AG, Horsman EL. Magnetic resonance imaging of extradural blood patches: appearances from 30 min to 18 h  Br J Anaesth 1993;71:182-8.

Vakharia SB, Thomas PS, Rosenbaum AE, Wasenko JJ, Fellows DG. Magnetic resonance imaging of cerebrospinal fluid leak and tamponade effect of blood patch in postdural puncture headache. Anesth Analg 1997;84:585-90.

Colonna-Romano P, Linton P. Cervical dural puncture and lumbar extradural blood patch. Can J Anaesth 1995;42:1143-4.

Reynvoet ME, Cosaert PA, Desmet MF, Plasschaert SM. Epidural dextran 40 patch for postdural puncture headache. Anaesthesia 1997;52:886-8.

Hebl JR, Horlocker TT, Chantigian RC, Schroeder DR. Epidural anesthesia and analgesia are not impaired after dural puncture with or without epidural blood patch. Anesth Analg 1999;89:390-4.

Aldrete JA, Brown TL. Intrathecal hematoma and arachnoiditis after prophylactic blood patch through a catheter. Anesth Analg 1997;84:233-4.

Tekkok IH, Carter DA, Brinker R Spinal subdural haematoma as a complication of immediate epidural blood patch. Can J Anaesth 1996;43:306-9.

Woodward WM, Levy DM, Dixon AM. Exacerbation of post-dural puncture headache after epidural blood patch. Can J Anaesth 1994;41:628-31.

Choi A, Laurito CE, Cunningham FE. Pharmacologic management of postdural puncture headache.Ann Pharmacother 1996;30:831-9.

Yucel A, Ozyalcin S, Talu GK, Yucel EC, Erdine S. Intravenous administration of caffeine sodium benzoate for postdural puncture headache. Reg Anesth Pain Med 1999;24:51-4.

Schou J, Scherb M. Postoperative saggital sinus thrombosis following spinal anesthesia. Anesth Analg 1985;65:541-2.

Zurück zur Anästhesie-Index